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London kommt!

Pückler und Fontane in England

Klaus-Werner Haupt

Im Herbst 1826 reist Hermann Fürst von Pückler-Muskau erneut auf die Britischen Inseln, denn er ist auf der Suche nach einer vermögenden Braut. Aus der Glücksjagd wird eine Parkjagd, in deren Folge die Landschaftsgärten von Muskau und Branitz entstehen. Theodor Fontane kommt zunächst als Tourist nach London, 1852 als freischaffender Feuilletonist, 1855 im Auftrag der preußischen Regierung. Die Erlebnisse der beiden Protagonisten sind von überraschender Aktualität.

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Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Theodor Fontane

„Herr von Ribbeck" ist eine der bekanntesten Balladen. Sie berichtet von einem brandenburgischen Gutsbesitzer, der die Früchte seines Birnbaums großzügig an vorbeiziehende Kinder verschenkt. Sein Sohn dagegen ist geizig. Weil der alte Ribbeck also befürchtet, dass nach seinem Tod die ihm lieb gewordene Gewohnheit nicht fortgesetzt wird, ordnet er an, dass ihm eine Birne ins Grab gelegt wird. Daraus wächst dann ein neuer Birnbaum, dessen Früchte sich die Kinder selbst pflücken können. Die Geschichte beruht auf einer Sage, die wahrscheinlich einen historischen Hintergrund hat. Ribbeck ist heute ein Ortsteil der Stadt Nauen im Havelland in Brandenburg. Dort lebte seit dem Mittelalter das Rittergeschlecht der von Ribbeck. Der kinderfreundliche Ahnherr soll Hans Georg von Ribbeck (1689 - 1759) gewesen sein. Aus der Familiengruft der von Ribbeck wuchs tatsächlich viele Jahrzehnte lang ein Birnbaum.

Florian Russi

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«

 

So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.

Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.


Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

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Vorschaubild: Conference-Birne, Fotograf: Markus Hagenlocher, GNU.

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