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Berühmte Liebespaare

Berühmte Liebespaare

Florian Russi

Was weiß der Mensch von der Liebe? Die Liebe und vor allem Liebesbeziehungen sind so verschieden, wie die Menschen, die sie durchleben. Autor Florian Russi durchforstete die Menschheitsgeschichte auf der Suche nach berühmten Liebespaaren und bringt dabei die verschiedenen Facetten der Liebe ans Licht. Doch kann man wirklich von Liebe sprechen?

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Abälard und Heloise

Abälard und Heloise

Florian Russi

Bild 1: Abaelard und seine Schülerin Héloïse
Bild 1: Abaelard und seine Schülerin Héloïse

Ein seltenes Beispiel von Liebe und Treue im Mittelalter war die Beziehung von Abälard (1079-1142) und Heloise (1100-1164). Petrus Abälard, als Sohn eines Ritters in der Bretagne geboren, wurde einer der bedeutendsten Theologen seiner Zeit. Er lebte und lehrte in Paris und vielen anderen Orten. Seine Schüler verehrten ihn. Von vielen Berufskollegen wurde er bekämpft und beneidet. Er sah gut aus, galt als geistig brillant aber auch als arrogant. 1117 berief ihn der Pariser Domherr Fulbert zum Lehrer seiner damals 16-jährigen, an allen geistigen Dingen interessierten Nichte Heloise. Bald schon verliebten sich das Mädchen und ihr 22 Jahre älterer Mentor ineinander. Eine leidenschaftliche Beziehung ließ sie über fast alles hinwegsehen, was sich um sie herum ereignete. Er verfasste für sie Liebeslieder und -gedichte, sie schrieb ihm Briefe, die tiefe Vertrautheit und Hingabe ausdrückten. Offen zeigten sie ihre gegenseitige Zuneigung. Die Studenten sangen seine Lieder und spotteten gleichzeitig über ihren verliebten Professor. Seine Rivalen geiferten. Heloise wurde schwanger und als ihr Onkel Fulbert davon erfuhr, drängte er auf eine Hochzeit. Heimlich heirateten die beiden. Heloise wollte sich jedoch nicht in eine normale Ehe einbinden lassen. Deshalb gaben sie nach außen vor, nicht verheiratet zu sein. Daraufhin heuerte Fulbert Männer an, die Abälard überfielen und bei vollem Bewusstsein entmannten. Abälard ergab sich seinem Schicksal und erkannte darin sogar eine göttliche Fügung. Auf seinen Wunsch ging Heloise in ein Kloster und wurde Ordensfrau. Später gründete er in der Champagne eine Einsiedelei, deren Äbtissin sie wurde. Die beiden blieben in Verbindung. Sie lud ihn immer wieder zu Vorträgen und Disputen ein und verpflichtete ihn als Hymnendichter. Bis zu seinem Tode schrieben sie sich Briefe und tauschten Gedanken und Erkenntnisse aus. Während er jedoch die Zeit ihrer körperlichen Beziehung als sündig verdammte, stand sie zu dieser Liebe und bedauerte, dass er allein dafür so hart bestraft worden sei.

Bild 2: Grabmal auf Père Lachaise
Bild 2: Grabmal auf Père Lachaise

Abälards wissenschaftliche Arbeiten erregten großes Aufsehen, wurden viel diskutiert und auch angefeindet. Er löste sich von der damaligen Theologie, die - scholastisch - nur nachvollzog oder interpretierte, was frühere kirchliche Autoritäten gelehrt und geschrieben hatten. Viele Gegner machte er sich, als er die Auffassung vertrat, dass jeder Mensch auch durch die eigene Vernunft zur Erkenntnis Gottes und zum Glauben finden könne. Der berühmte Abt Bernard von Clairvaux, einer der führenden Kreuzzugsprediger, schwärzte ihn beim Papst an, worauf Abälards Schriften verbrannt und er vorübergehend zum ewigen Schweigen verurteilt wurde. Nach seinem Tod wurde Abälard zunächst in der Abtei von Cluny beerdigt, Angerührt von der Anhänglichkeit Heloises ließ der Abt von Cluny den Leichnam später heimlich in deren Einsiedelei überführen und dort bestatten. Als Heloise 22 Jahre nach ihrem Geliebten starb, begrub man sie an seiner Seite. Die Legende erzählt, dass Abälard die Arme weit geöffnet und seine treue Heloise glückselig an sich gezogen habe. Heute befindet sich das Grab dieses faszinierenden Liebespaares auf dem berühmten Pariser Friedhof Pre Lachaise.


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Teaserfoto: wikipedia - gemeinfrei; baelardus und Héloïse in einer Handschrift des Rosenromans (14. Jahrhundert)
Bild 1: wikipedia - gemeinfrei; Edmund Blair Leighton, Abaelard und seine Schülerin Héloïse, 1882
Bild 2: wikipedia - the tomb of Abélard et Héloïse Photographer: Patrick T. Power, photographed on 19 November 2005; CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50...

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