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Weihnachten bei Familie Luther

Christoph Werner

Luthers jüngster Sohn erzählt vom Christfest

Paul Luther, der jüngste Spross der Lutherfamilie, gewährt dem Leser Einblick in sein Leben und das seiner Familie.
Er berichtet von seiner Kindheit in Wittenberg und der Krankheit seines Vaters, von seiner Verwicklung, die ihm als Leibarzt widerfuhren, und von den Intrigen am Gothaer Hof. Reichlich illustriert öffnen sie dem Leser die Tür zur Weihnachtsstube der Familie Luther.

Weihnachtsgeschenke

Weihnachtsgeschenke

Andreas Schneider

Warum wir uns zu Weihnachten so reich beschenken und das Geschäft damit

Weihnachtsbaum und Geschenke
Weihnachtsbaum und Geschenke

„Bald ist Weihnachten und ich hoffe, dass Du mir was schenkst" singen „Die Prinzen" seit 1999. Doch schon Ende des 17. Jahrhunderts hat ein Chronist den Charakter der Geschenkepraxis zum Weihnachtsfest festgehalten, wie er noch heute gültig ist: „Denn so viel ein jeder verdient hat, so beschenkt geht er auch ab, und so sehr machen sich Väter und Mütter durch wechselseitiges Schenken eine Freude."

Der Charakter und das Anliegen können heute stark variieren, ebenso Größe und Preis, von unten nach oben. Aber gemeinsam ist allen Weihnachtsgeschenken eines:  Sie werden an Familienangehörige, Freunde, Kinder und andere nahe stehende Personen anlässlich des Weihnachtsfestes verschenkt und zwar mit einem einzigen Ziel - den Lieben eine Freude zu bereiten, sie zu überraschen, Zuneigung zu bekunden und dergleichen mehr. Beim Auspacken des Geschenks wird die soziale Wertschätzung und emotionale Bindung erlebbar, die der Schenkende mit oder ohne Erwartung der Gegenseitigkeit ausdrücken möchte.

So ist Weihnachten ohne Geschenke heute schlicht nicht vorstellbar - ganz anders als etwa die beiden anderen Hauptfeste der christlichen Kirche, Ostern und Pfingsten.  Wobei Ostern durchaus auch Geschenke kennt - aber anderer Art und nicht in diesen exorbitanten Ausmaßen, wie sie jährlich in Deutschland über den Ladentisch wandern, um dann bunt verpackt unter dem Weihnachtsbaum oder Christbaum zu liegen, im Schnitt der letzten Jahre zwischen 250 und 300 Euro pro deutschem Bundesbürger. 

Geschenke zu Weihnachten
Geschenke zu Weihnachten

Allgemeines

Wer es typologisch mag: Das Weihnachtsgeschenk stellt  eine spezielle Form des anlassgebundenen Geschenks dar. Übersetzt heißt das: Das Geschenk und der Anlass bilden eine Einheit - auch wenn davon nicht immer viel zu spüren ist. Dazu passt, dass das, was wir heute als liebevoll verpacktes und verschnürtes Päckchen kennen, früher auch Christgeschenk hieß und noch früher auch Weihnachtsgabe,  wobei auch das ganze Geschenk „sein Christkind bekommen"  heißen konnte.

Kein anderes persönliches Geschenk, kein anderer Geschenktermin im Jahreslauf hat aber inzwischen eine solche alltagskulturelle Bedeutung erlangt - neben den Geschenken anlässlich der Feier des privaten Geburtstages vielleicht. Natürlich insbesondere für Kinder. Und  Werbung und Kommerz lassen kaum eine Gelegenheit aus, uns spätestens im Dezember mit penetrantem Nachdruck darauf hinzuweisen. Denn das „Weihnachtsgeschäft" - also die Umsätze im November und Dezember - sind inzwischen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor geworden, nicht nur für den Einzelhandel. Insgesamt sind nach Angaben der Marktforscher allein mit Weihnachtsgeschenken jährlich Umsätze um die 15 Milliarden Euro und mehr zu erzielen.

Auswahl und Kauf des passenden Weihnachtsgeschenks wird deshalb wohl für jedermann alljährlich zur besonderen Herausforderung. Wert und Art der Geschenke haben insbesondere in Deutschland wie in den anderen europäischen Industrieländern auch durch den zunehmenden Wohlstand ein immer größeres Ausmaß erlangt - und damit auch die Erwartungshaltung auf beiden Seiten, sodass gelegentlich nicht nur ironisch vom „Geschenke-Stress" gesprochen wird. Mehr als ein Drittel der Deutschen denken wohl ähnlich und sollen die Geschenke erst sehr spät einkaufen, eine nicht unbedeutende Anzahl von ihnen sogar erst kurz vor Heiligabend.

Bescherung und Beschertermin

Die Übergabe der Weihnachtsgeschenke, die Bescherung, findet in Deutschland vorrangig am Heiligabend statt. Es sei hier betont, weil das nicht überall in Europa so Brauch ist. In den angelsächsischen Ländern geschieht das Schenken z. B. erst am Weihnachtsmorgen, am 25. Dezember; in spanischsprachigen Ländern oder in Italien werden Weihnachtsgeschenke auch erst am Dreikönigstag, am 6. Januar, überreicht.

Im deutschen Kinderglauben haben sich verschiedene Gestalten als Gabenbringer herausgebildet, zuerst Sankt Nikolaus (nach Nikolaus von Myra), der nachts zum 6. Dezember seine Gaben in Stiefel oder auf Teller legte, dann das Christkind zum Christfest, am Heiligabend vor Weihnachten,  und jetzt ist fast allein der  Weihnachtsmann bzw. Santa Claus für das Beschenken per Luftflug zuständig. 

Ausweitung der Schenkpraxis

Durch zunehmende Schenkpraxis als Folge der Verbürgerlichung des Weihnachtsfestes sowie der Herausbildung der modernen Konsumgesellschaft wurde Weihnachten im europäischen Kulturraum immer mehr zum üppigen Geschenkefest. Der ursprüngliche Sinn der Weihnacht wird aber damit bis zur Unkenntlichkeit verdeckt: Wo die Weihnachtsgeschenke allein den zentralen Inhalt des Weihnachtsfests ausmachen, muss dessen eigentlicher Sinnbezug, das eigentliche Geheimnis der Weihnacht, mehr und mehr nur noch als Staffage für den schönen Schein erscheinen.

Für den Einkauf der Weihnachtsgeschenke sicherten sich die Adventswochenenden schon längst den Spitzenplatz in der Beliebtheitsskala und zum Ärger der Kirchen gibt es in Deutschland in vielen Städten am ersten oder zweiten Adventssonntag verkaufsoffene Sonntage. Handel und Fachmärkte ziehen mit spezieller Werbung und zahlreichen Super-Angeboten kräftig mit und äußerst erfolgreich die Kunden an.  Hochbetrieb herrscht da nicht nur in Innenstädten und Einkaufszentren, sondern quasi überall, besonders auch auf den Weihnachtsmärkten, die inzwischen fast jeder Ort in Deutschland, der etwas auf sich hält, mindestens einmal veranstaltet - von der Hauptstadt Berlin ganz zu schweigen, wo es vereinzelt noch Weihnachtsmärkte bis nach Neujahr gibt. Das scheint auch zu funktionieren: Wenn es keine Umsätze gäbe, existierten sie sicher nicht.

Geschenke zu Weihnachten
Geschenke zu Weihnachten

Hintergrund und Sinn des Schenkens

Vielfach wird die Bescherung der Kinder und Familienmitglieder an Weihnachten vor dem biblischen Hintergrund auf die Gaben der drei Weisen aus dem Morgenland zurückgeführt. Auch vorchristliche Ursprünge der Bescherung werden in Betracht gezogen: Verwiesen wird dabei auf die bei den Saturnalien und Julfesten üblichen Geschenke, die neben Familienmitgliedern und Kindern - wie beim kirchlichen Weihnachtsfest - auch Bedürftige bekommen hatten. Sogar böse Geister werden bemüht, die angeblich durch Gaben und Geschenke besänftigt werden sollen.

Die Kulturwissenschaftler betonen: Böse Geister spielen keine Rolle, auch die Heiligen Drei Könige nur bedingt. Wie entstand dann aber nun diese Brauchform tatsächlich? Die Erklärung erfordert ein komplexes Betrachten. Im Grund ist es aber ganz einfach: Der Ursprung des weihnachtlichen Schenkens ist direkt vom ursprünglichen Sinn des Weihnachtsfestes abgeleitet. Ausschlaggebend ist der christliche Inhalt des Weihnachtsfestes, das Ereignis der Geburt Jesu - also die Annahme, dass Gott der Welt, den Menschen, seinen Sohn geschenkt hat. Es ist zuallererst dieses Gabe, dieses Geschenk an die Menschen, das nicht hoch genug geschätzt werden kann! Gott gibt der Welt zuliebe den Menschen seinen Sohn hin, als Erlöser für sie, hin und schenkt ihnen damit Vergebung. Deshalb, vorrangig aus diesem Hintergrund, selbst wenn wir uns seiner nicht bewusst werden, geben und schenken auch wir - Weihnachten als Fest der Liebe. Das ist der zentrale theologische Bezug, der Kern des Schenkens, auf den alles zurückgeführt werden kann  - was zugegeben zunächst einmal etwas arg theoretisch klingt. Natürlich gab es auch andere, praktische Bezüge, die diesen Kern dann in der Entwicklung des Weihnachtsfestes und der Ausbildung seiner modernen Brauchformen überformten und überlagerten.  So war es z. B. in der Vormoderne üblich, am Ende des Wirtschaftsjahres als Teil der Entlohnung Naturalprodukte an die Beschäftigten des Hauses bzw. das Gesinde der Bauernwirtschaft zu geben. Geschenke gab es auch - aber am 6. Dezember vom Nikolaus. Dieser Schenkbrauch wanderte  aber im Zuge der lutherischen Reformation im 16. Jahrhundert auf den Termin zu Weihnachten und machte Nikolaus als ursprünglichen Gabenbringer terminlich quasi nur noch zum Vorboten weihnachtlichen Schenkens.

Es war dann das bürgerliche 19. Jahrhundert, das das Weihnachtsfest von der Kirche mehr in die Häuser und die Familie verlagerte. Zum neuen Kern der Weihnachtsfeier wurde das Beschenken der Kinder sowie dann auch gegenseitiges Beschenken der Erwachsenen. Die Kinderbescherung erfolgte aber nun immer auch mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger: Geschenke sollten zur Erziehung beitragen, „unartige" Kinder erhielten nichts oder die Rute. Im weiteren Verlauf des 19. und vor allem im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Weihnachten immer mehr zum explodierenden Geschenkeübergaberitual. Der ursprüngliche christliche Sinngehalt der Bescherung trat dabei immer stärker in den Hintergrund, der weltliche Wert der Geschenke stieg und stieg.

 „Denn bald ist Weihnachten und ich hoffe, dass Du an mich denkst ... Denn zu Weihnachten Ist mein Gabentisch ziemlich stabil" - wie im Lied der Prinzen auf ihrer CD „Festplatte" von 1999 möchte ein jeder zu Weihnachten seine Liebsten bedenken und beschenken, wohl wissend, dass der Gabentisch schön verpackte Päckchen in ausreichender Fülle verträgt.

*****

Weiterführende Literatur

- I. Weber-Kellermann: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- u. Sozialgeschichte der Weihnachtszeit (21987)

- Weihnachten in Deutschland. Spiegel eines Festes, hg. v. C. Daxelmüller (1992)

- R. Vossen: Weihnachtsbräuche in aller Welt (51994)

- T. Hinrichsen: Weihnachten in Europa (2004)

- Geschichten über Weihnachtsbräuche aus aller Welt, hg. v. R. Jostmann (22005)

- G. Brückner: Weihnachten wie früher. Von Christbaumschmuck u. Gabenbringern (2006)

 

Bildquellen:

Vorschaubild: Christmas gifts. Urheber: Seeteufel via Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

 Weihnachtsbaum und Geschenke (mit Bobbycar), Deutschland, Mitte der 1970er Jahre. Foto: Slavona via Wikimedia Commons, gemeinfrei

Russische Weihnachtspostkarte von 1917, gemeinfrei

Weihnachtsset von  via Wikimedia Commons, gemeinfrei


 

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